Stammfunktionen
Eine Grundaufgabe der Differenzialrechnung besteht im Ermitteln der Ableitungsfunktion f‘ zu einer gegebenen Funktion f.
Wird diese Aufgabenstellung umgekehrt, d.h., sucht man zu einer gegebenen Funktion f eine Funktion F, deren Ableitungsfunktion F‘ gleich f ist, so kommt man zur Grundaufgabe der Integralrechnung und zum Begriff der Stammfunktion.
- Definition: Eine Funktion F heißt Stammfunktion einer Funktion f, wenn die Funktionen f und F einen gemeinsamen Definitionsbereich besitzen und für alle gilt:
Für die weiteren Überlegungen ist die folgende Aussage bedeutsam:
- f ist eine konstante Funktion genau dann, wenn für jedes x gilt:
Beweis:
Die Aussage besteht aus zwei Teilaussagen:
a) Wenn f eine konstante Funktion ist, so gilt für jedes x.
b) Wenn für jedes x gilt, so ist f eine konstante Funktion.
Die Gültigkeit von a) ergibt sich unmittelbar aus der Konstantenregel der Differenzialrechnung. Es muss deshalb nur noch Teilaussage b) bewiesen werden:
Voraussetzung: Für jedes x gelte .
Behauptung: f ist eine konstante Funktion.
Es wird gezeigt, dass unter der angegebenen Voraussetzung die Funktionswerte von f an beliebigen Stellen a und b übereinstimmen, d.h., dass stets gilt, wie man a und b auch wählt.
Wir wenden für den Nachweis den Mittelwertsatz der Differenzialrechnung an. Ist f eine im Intervall differenzierbare Funktion, dann existiert mindestens eine Stelle c zwischen a und b, so dass gilt:
Durch Multiplikation mit (b - a) erhält man hieraus .
Da nach Voraussetzung f ' an jeder Stelle den Wert Null hat, ist auch .
Damit gilt , woraus folgt.
Da aber a und b beliebig gewählt wurden, stimmen die Funktionswerte an allen Stellen überein, d.h., f ist eine konstante Funktion.
w.z.b.w.
Wenn es zu einer Funktion f eine Stammfunktion F gibt, so existieren unendlich viele weitere Stammfunktionen, die sich nur um eine additive Konstante unterscheiden.
Stammfunktionen einer Funktion
- Es sei eine Stammfunktion von f in D. ist genau dann eine Stammfunktion von f, wenn es eine Zahl C gibt, so dass für alle gilt.
Beweis:
Weil es sich bei dem vorliegenden Satz um eine Äquivalenzaussage handelt, müssen wir den Beweis „in beiden Richtungen“ führen.
a) Es sei (für alle ).
Dann ist differenzierbar und es gilt .
Da nach Voraussetzung , folgt , d.h., ist ebenfalls eine Stammfunktion von f.
b) Es sei Stammfunktion von f. Dann gilt .
Da nach Voraussetzung auch ist, folgt bzw. .
Das heißt, die Differenzenfunktion hat die Ableitung 0 und muss daher eine konstante Funktion sein: bzw.
w. z. b. w.
Für die Menge aller Stammfunktionen einer gegebenen Funktion f wird ein neuer Begriff eingeführt.
- Definition: Die Menge aller Stammfunktionen einer Funktion f heißt unbestimmtes Integral von f. Man schreibt:
Will man die Mengenschreibweise vermeiden, kann man auch nur mit einem Repräsentanten arbeiten:
Dabei bezeichnet man
f(x) als Integrandenfunktion – kurz: Integrand,
x als Integrationsvariable,
C als Integrationskonstante,
dx als Differenzial des unbestimmten Integrals
(gelesen: Integral über f von x dx).
Beim Ermitteln unbestimmter Integrale darf die Integrationskonstanten nicht einfach weggelassen werden, da dies zu Trugschlüssen führen kann.
Beispiel
Schreibt man
so ergäbe sich die falsche Aussage .