Objektkunst
Objektkunst ist eine Ausdrucksweise der Moderne. Von Künstlern werden vorgefertigte Dinge unterschiedlicher Bezugsebenen (Fotos, Zeitungsausschnitte, Kleidungsstücke, Geschirr, Möbel, Metallteile, Holz u.Ä.) in einen neuen Zusammenhang gebracht und als Material für ihre Kompositionen verwendet. Das Zusammenfügen dieser Teile kann eine neue Wahrnehmung ermöglichen, da die Ausgangsbedeutungen der Gegenstände bekannt sind, diese nun aber in völlig neuem Kontext präsentiert werden.
Objektkunst wird auch als objet trouvé, frz. = Fund, bezeichnet. Ein anderer Begriff für Objektkunst ist Junk-Art, engl. = Abfallkunst, Müllkunst.
Beim Zusammenfügen von eher flächigen Materialien spricht man von einer Collage, bei dreidimensionalen Materialien dagegen von einer Montage. Eine Zuordnung zum Bereich Plastik lässt sich immer dann vornehmen, wenn das Endprodukt ein eher dreidimensionales Gebilde ist.
Arbeitstechniken
Die Gattungsgrenzen zwischen Malerei, Grafik, Fotografie und Plastik sind hierbei nicht mehr starr. So können auch bei der Herstellung Arbeitstechniken verwendet werden, die eher der flächigen Collage zuzuordnen sind. Dazu gehören unter anderem:
- die Übermalung, das Combinepainting¹;
- ein Ab- oder Durchreiben von Oberflächenstrukturen, die Frottage²;
- das Abreißen von Teilen, die Decollage³;
- das Verändern eines Objektes durch den Brennvorgang, bevorzugt bei den Fotonegativen, die Brülage und
- das Knüllen von Papieren und Stoffen, um eine knautschige Oberfläche zu erhalten, die Froissage.
¹ Combinepainting, engl. = kombinierte Malerei, ist eine Bezeichnung für Objekte ROBERT RAUSCHENBERGs, der ab 1953 Assemblagen mit Malerei kombinierte. Diese Benennung wurde später auf ähnliche Werke anderer Künstler übertragen.
² Frottage, frz. = das Reiben, bzw. Abreibung, Durchreibung, ist ein grafisches Verfahren, bei dem Papier auf prägende Unterlagen (Holz, Metall, Steine, Textilien) gedrückt und mit Grafit abgerieben wird.
³ Decollage ist eine moderne Bildform, die durch destruktive Veränderung vorgefundener Materialien entsteht, durch Abreißen, Zerschneiden, Übermalen oder Ausbrennnen.
Materialeigenschaften
Werden Techniken verwendet, um dreidimensionale Materialien zu verbinden, dann gibt es je nach Materialeigenschaften unter anderen die Möglichkeit sie
- zu kleben,
- zusammenzuschrauben,
- zu schweißen oder
- zu löten.
Viele dieser Verfahren wurden aus dem Handwerk oder der industriellen Verarbeitung übernommen. Bei der Zusammensetzung von vielen gleichen, industriell angefertigten Stücken spricht man von einer Akkumulation oder Agglomeration.
Kinetische Plastik
Ein spezieller Bereich der Objektkunst ist die kinetische Plastik. Sie umfasst alle Objekte, bei denen bewegliche Elemente für einen besonderen optischen und manchmal auch akustischen Reiz sorgen. Die Darstellung von Bewegung kann auch illusionistisch erzeugt werden durch den Einsatz von lichtdurchlässigen oder reflektierenden Materialien.
Ready-mades
Erste Objektkunst wurde mit MARCEL DUCHAMPs sogenannten „Ready-mades“¹ bekannt, das er „Fahrrad-Rad“ nannte. Durch das Zusammenfügen des Vorderrades eines Fahrades und eines Hockers hatte er die erste bewegbare Plastik hergestellt. Zum Eklat kam es, als er 1917 auf dem 1. Salon der Unabhängigen von New York (Society of Independents) ein Urinoir vorstellte, das er „Fontäne“ nannte. Man schloss ihn aus der Jury der Ausstellung aus.
¹ Readymade, engl. = fertig gemacht, gebrauchsfertig
Mobile und Stabile
ALEXANDER CALDER (1898–1976) entwickelte kinetische Objekte, die in Mobile und Stabile zwei verschiedene Aufbauprinzipien verdeutlichen.
Bei einem Mobile (lat. mobilis = beweglich, veränderlich, biegsam) handelt es sich um eine hängende Konstruktion von mehreren Stäben, an denen kleine Objekte hängen. Alle Teile können sich umeinander drehen, ohne sich zu berühren. Durch einen Windhauch wird das Mobile in Bewegung gesetzt und bietet so ständig neue Ansichten der Elemente.
Ein Stabile besitzt einen Sockel, auf dem bewegliche Teile montiert werden. Diese werden häufig elektrisch in Bewegung gesetzt und bieten so ebenfalls eine variable Optik.
Neben CALDER gilt der Maler, Bildhauer und Experimental-Künstler JEAN TINGUELY (1925–1991) als Hauptvertreter kinetischer Kunst. Im Tinguely-Museum in seiner Heimatstadt Basel sind viele seiner beweglichen Skulpturen ausgestellt. Charakteristisch für seine Kunst sind die maschinenartigen Skulpturen, die mit Elektromotoren bewegt werden.
Assemblage
Zu den Objektkünsten gehört auch die Assemblage.
Die Assemblage ist die Weiterentwicklung der Collage und bezeichnet ein Materialbild mit räumlicher Wirkung. Die Materialfragmente, zuvor angefertigte oder gefundene plastische Elemente, werden auf einer Fläche montiert.
Aus den Bereichen Assemblage und Combinepainting entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 20. Jh. das Environment und erhielt Anregungen aus der Happeningbewegung. Es werden verschiedene Materialien oder Gebrauchsgegenstände in eine ungewohnte Raumanordnung gebracht. Dabei wird der Betrachter direkt mit einbezogen.
Bedeutende Vertreter sind u.a.
- JOSEPH BEUYS,
- ROBERT RAUSCHENBERG,
- CLAES OLDENBURG,
- ALAN KAPROW und
- EDWARD KIENHOLZ.
Der Begriff Environment wurde weitestgehend von den Begriffen Rauminstallation und Videoinstallation abgelöst.